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Die Bedeutung des Projektentwicklers beim Immobilien-Crowdinvesting

Projektentwickler Immobilien Crowdinvesting
Von Robert Fanderl am 31. August 2017

Für langfristige Investoren hat die alte Immobilienweisheit „Lage, Lage, Lage“ bis heute ihre Gültigkeit nicht verloren. Nach dieser Weisheit gibt es nur drei wirklich wichtige Kriterien, um den Wert und das künftige Entwicklungspotential einer Immobilie zu bestimmen:

  1. die Lage,
  2. die Lage und
  3. die Lage.

Je besser die Lage, desto wertbeständiger waren die Immobilien meist in der Vergangenheit. Die besseren Lagen sind in der Regel aber auch dementsprechend teuer. In schlechteren Lagen werden meist niedrigere Preise aufgerufen, die Objekte bieten aber oft höhere Mietrenditen für den Vermieter. Die Wertsteigerungspotenziale sind hingegen oft in den besseren Lagen höher – sofern diese „A-Lagen“ nicht schon ausgereizt oder gar überhitzt sind. Das Kriterium „Lage“ ist deshalb so entscheidend, weil sie nicht veränderbar ist. Der Zustand eines Gebäudes hingegen schon. Er kann jederzeit durch eine Renovierung oder umfassende Sanierung verbessert werden.

Eine Investition in Immobilien ist meist langfristig. Deshalb ist es so wichtig, neben der momentanen Einschätzung der Lage auch eine oft nicht ganz einfache Prognose zu treffen, wie sie sich in den Jahren entwickeln könnte. Das typische Immobilien-Crowdinvesting ist hingegen von kurz- bis mittelfristiger Natur. Daher ist auch ein anderes Kriterium für die Auswahl eines Projektes von größerer Bedeutung. Eine zentrale Rolle spielt hier der Projektentwickler. Mit dem Projektentwickler steht und fällt nämlich die Umsetzung des Projektes. Daher gilt es auf folgende Punkte zu achten:

1) Persönliche Erfahrung

Ein ganz entscheidender Punkt ist die persönliche Qualifikation der verantwortlichen Personen. Hier geht es zum einen um die berufliche Qualifikation, also die Frage, sind zum Beispiel Architekten, Bauingenieure und Juristen im Team. Wichtig ist auch ein erfahrener Projektcontroller. Zum anderen muss ein klar nachvollziehbarer Track-Record vorliegen. Die Frage lautet also, wie viele Projekte haben die Verantwortlichen in der Vergangenheit tatsächlich schon erfolgreich realisiert? Hier gilt es genau hinzusehen. Es geht um die eigenverantwortliche Umsetzung von Projekten. Nicht relevant ist, wenn ein 30-jähriger „Jungspund“ zuvor fünf Jahre bei Bilfinger SE oder Hochtief AG tätig war und dann ins Feld führt, bei Projekten im dreistelligen Millionenbereich (mit)verantwortlich gewesen zu sein. Wichtig ist auch, dass der Projektentwickler über Erfahrungen mit der jeweiligen Immobilien-Klasse verfügt. Jemand, der bislang Hotels entwickelt hat, sollte nicht über die Crowd seine erste Wohnimmobilie finanzieren. Ein grundsätzliches k.o.-Kriterium ist eine Insolvenz in der persönlichen Vita oder der Unternehmenshistorie – auch wenn in speziellen Einzelfällen natürlich Ausnahmen möglich sind.

2) Finanzielle Ausstattung des Projektentwicklers

Nicht minder relevant ist die Finanzkraft des Projektentwicklers. Hilfreich kann hier ein Bonitätsrating zum Beispiel von Creditreform, sein. Auch ein Blick in den Jahresabschluss ist ratsam. Die Fragen lauten hier, über wieviel Eigenkapital verfügt der Projektentwickler und ist er liquide genug, Projektverzögerungen finanziell stemmen zu können oder handelt es sich um eine 25.000 Euro GmbH, die der Projektentwickler im Zweifelsfall schnell in Konkurs gehen lassen kann. Wer tiefer einsteigen will, muss noch differenzieren, ob das Projekt auf Ebene der Hauptgesellschaft (Projektentwickler) oder in einer gesondert gegründeten Projektgesellschaft realisiert werden soll. Die Eigenkapital-Ausstattung der ausgelagerten Projektgesellschaft ist oftmals sehr dünn und der Verschuldungsgrad entsprechend hoch. Das liegt daran, dass die Projektgesellschaft nur mit den zwingend notwendigen Mitteln ausgestattet wird und die Hauptgesellschaft im Idealfall über weitere Vermögenwerte verfügt. Sollte die Projektgesellschaft ins Straucheln geraten, könnte die Hauptgesellschaft weitere Mittel nachschießen. Verpflichtet ist sie dazu aber in der Regel nicht.

3) Regionale Erfahrung

Der Projektenwickler sollte in der Region, in der ein Projekt geplant ist, „zu Hause“ sein. Er sollte die Region und deren Besonderheiten kennen, idealerweise durch den Nachweis bereits realisierter Projekte am Standort. Hier spielt nun auch das Kriterium „Lage“ eine gewisse Rolle, da der Projektentwickler zunächst die aktuelle Nachfragesituation (zum Beispiel Bevölkerungsentwicklung und Kaufkraft) am Standort und damit die Verkaufschancen der Immobilie fundiert einschätzen und damit letztlich das Projekt gut kalkulieren können sollte. Nur so kann es innerhalb weniger Jahre erfolgreich abgeschlossen werden. Dann können auch Nischenmärkte, die keine Toplagen sind, attraktiv sein. Weitere Detailfragen sind dann, wie gut kennt der Projektentwickler tatsächlich

  • die Infrastruktur vor Ort, also die Versorgung mit Ärzten, Geschäften, Schulen und Kindergärten?
  • die Situation beim öffentlichen Nahverkehr, also wie gut ist die Anbindung, insbesondere in Randlagen?
  • mögliche Lärmquellen: Landwirtschaftliche Betriebe, Flugplätze, Sportanlagen oder eine kleine Fabrik in der Nachbarschaft können viel Lärm, starken Verkehr oder strengen Geruch mit sich bringen.
  • die Hochwasserproblematik: In den letzten Jahren ist dieser Aspekt auch für Deutschland immer wichtiger geworden. In welchem Überschwemmungsgebiet (Gefährdungsklasse „0“ bis „4“) liegt die Immobilie?
  • die sozialen Brennpunkte, also liegt das Objekt in der Nähe von großen Wohnlagen oder sozialen Brennpunkten?

4) Transparente Kalkulation

Hilfreich für die Crowd ist auch, wenn der Projektentwickler ein unabhängiges Gutachten, dass das Bau- oder Sanierungskonzept und dessen Kosten als angemessen und plausibel beurteilt, vorlegen kann. Dazu gehört im Idealfall auch eine Einschätzung zur Qualität der Lage und der Angemessenheit der kalkulierten Verkaufspreise.

Fazit

Das für langfristig orientierte Immobilieninvestoren („Bestandshalter“) zentrale Kriterium „Lage“ steht für kurz- bis mittelfristige Projektfinanzierung durch die Crowd nicht an erster Stelle. Das zentrale Kriterium ist hier die Qualität des Projektentwicklers. Hier stehen also die fachliche Qualifikation des Managements sowie die finanzielle Ausstattung des Unternehmens im Vordergrund. Eine langfristig vielversprechende Lage bringt der Crowd gar nichts, wenn der Projektentwickler das Projekt mangels ausreichender Erfahrung in den Sand setzt und die Anleger ihr Geld verloren haben.

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Robert Fanderl

Wirtschaftsjournalist
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Autor
Robert Fanderl
Datum
31. August 2017
Themen
Immobilien, Investieren
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1 Kommentar

  • Benedikt Huber

    Dem kann ich nur beipflichten. Additiv sollte allerdings auch die Gesamtfinanzierung des Projektes so strukturiert sein, dass alleine aus dem Projekt und dessen Erfolg die Rückzahlung aller Kapitalgeber (Bank, Crowd, prefered equity investor, equity des Projektentwicklers) samt Zinsen möglich ist.

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