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Interview mit dem Crowdinvestor Jörg Diehl

„Ich mache das aus Spaß, aber ich möchte auch Rendite dabei raushaben“

joerg diehl
Jörg Diehl hat seit 2012 in unzählige Start-Ups per Crowdfunding investiert. Als einer der führenden deutschen Crowdinvestoren ist er auf nahezu allen Crowdinvesting Plattformen aktiv. Jörg ist unter anderem Leiter der „Interessenvertretung der Investoren“ im German Crowdfunding Network. Die Bundesregierung hat vor knapp 2 Monaten einen Gesetzentwurf zum Schutz der Kleinanleger vorgelegt. Eine gute Gelegenheit um mit einem der „Kleinanleger“ (Crowdinvestor) zu sprechen. Das Interview ist eine Co-Produktion von FundedByMe und crowdfunding.de.
Von Redaktion am 30. September 2014

Harald Schottenloher: Wie bist Du dazu gekommen in Crowdfunding Projekte zu investieren?

Jörg Diehl: Ich bin 2012 ganz zufällig dazu gekommen, als eine WISO Sendung im ZDF  über die Bloomy Days  Kampagne bei Seedmatch berichtet hat. Ich habe mir das dann im Internet angeschaut, das Konzept hat mir gefallen und dann habe ich angefangen bei Seedmatch Minimalbeträge zu investieren.

Was ist Deine Grundmotivation wenn Du in Crowdfunding Projekte investierst? Machst Du das aus Spaß oder wegen der Rendite?

Ich mache das aus Spaß, aber ich möchte auch Rendite dabei raushaben. Am Ende ist es natürlich auch die Hoffnung, dass sich ein Projekt zu etwas richtig Großem entwickelt.

Was macht ein gutes Projekt für Dich aus? Wonach entscheidest Du, ist das reines Bauchgefühl oder schaust Du Dir auch die Zahlen genau an?

Es sind sehr viele Faktoren die eine Rolle spielen. Ich schau mir erst einmal das Video an, wenn es mich interessiert, schaue ich mir den Businessplan und die Finanzzahlen an. Wenn ich dann Fragen habe, frage ich im Investors Relationsbereich der Plattform oder spreche die Gründer direkt an. Wenn mich das alles überzeugt, dann investiere ich.

Das heißt der Business Plan und die Finanzplanung spielen eine wichtige Rolle bei Deiner Investitionsentscheidung?

Auf jeden Fall, beim Finanzplan ist mir wichtig, dass der realistisch bleibt. Dass da halt nicht einfach irgendwelche Traumzahlen dahin geschrieben werden, um den Unternehmenswert zu erhöhen. Dadurch verliere ich ja auch Anteile als Investor. Ich will auch wissen wann der Break-even geplant ist. Dort wo ich investiere, lese ich alle verfügbaren Informationen. Neben den Zahlen muss ich aber auch grundsätzlich davon überzeugt sein, dass der Unternehmer weiß, was er macht. Er und das ganze Team müssen für Ihr Projekt brennen.

Lässt Du Verträge nochmal vom Anwalt prüfen?

Nein, das wären mir zu hohe Kosten. Aber bei neuen Plattformen schaue ich mir die Verträge ganz genau an. Und wenn ich da Fragen habe, stelle ich diese direkt an die Plattform.

Wie intensiv verfolgst du die Projekte nach dem erfolgreichen Funding?

Es macht mir Spaß zu beobachten wie die Firmen wachsen und wie sie sich entwickeln. Ich schau mir das gerne über Facebook und andere Kanäle an. Ich möchte ja sehen, was mit meinem Geld passiert.

Was ist Deine Erfahrung bezüglich der Kommunikation von Seiten der Unternehmer nach dem Funding?

Teilweise habe ich sehr guten und regelmäßigen Kontakt zu den Gründern. Aber es gibt auch Start-ups, die kommunizieren kaum mit den Investoren. Die brauchen teilweise viel zu lange um die Quartalsberichte auf die Plattform zu stellen. Und es scheint ein Trend zu sein, dass die die pünktlich liefern gute Zahlen haben, und die die sehr spät sind, eher wenige schöne Zahlen haben. Das finde ich eigentlich schade, denn offene Kommunikation mit den Investoren sollte eigentlich Top-Priorität haben.

Du siehst da also noch Potential in der Zusammenarbeit?

Auf jeden Fall. Allein schon fürs Marketing und fürs Netzwerk. Es kann ja auch möglich sein, dass die Investoren irgendwelche Beziehungen haben, die nützlich für das Start-Up sein könnten. Einige Firmen wissen das Potential, dass die mit der Crowd haben nicht zu nutzen. Aber es gibt auch positive Beispiele wie z.B. Protonet, die haben 2.000 Investoren und kommunizieren super. Das zeigt auch den Erfolg von denen, die gehen sehr gut mit den Investoren um.

Wie behältst du überhaupt den Überblick bei so vielen Projekten?

Ich habe eine Excel-Datei zu Hause.

Das ist steuerlich aber ein großer Hustle oder?

Bis jetzt noch nicht, weil noch keine Gewinne entstanden sind, aber ich treibe teilweise meine Steuerberaterin in die Verzweiflung, weil ich versuche Abschreibungen einzubringen.

Wie vernetzt bist Du mit anderen Crowdinvestoren?

Nach dem Crowd Day in Köln im Februar 2014 habe ich eine facebook Gruppe gegründet, zu der ich alle aktiven Crowdinvestoren einlade. Das ist eine spannende Gruppe, weil man dort viel Feedback von anderen Investoren zu den verschiedenen Projekten bekommt. Außerdem bin ich Leiter der „Peergroup Crowdinvestoren“ im German Crowdfunding Network. Ich finde es sehr wichtig weitere Investoren in das GCN zu bekommen.

Wo steht Crowdfunding Deiner Meinung nach heute in Deutschland und welchen Ausblick hast Du für die Zukunft?

Crowdfunding ist leider noch nicht bekannt genug. Das sollte noch mehr bekannt gemacht werden. Die Leute schauen mich immer nur verwundert an, wenn ich denen erzähle was ich mache. Ich denke das liegt aber auch daran, dass bislang eher Insolvenzen als erfolgreiche Exits gab. Allerdings gibt es das Crowdfunding in der Form erst seit 3 Jahren und es dauert ja einige Jahre bis ein Startup Geld verdient. Ich denke, wenn die ersten Gewinnbeteiligungen kommen und die ersten richtig guten Exits, dann kommt es richtig in die Presse. Und dann wird’s nochmal einen richtigen Boom geben, wenn die Regierung diesen Sektor nicht totreguliert.

Stichwort Regulierung: wie ist Deine Meinung zu dem aktuellen Entwurf für ein Kleinanlegerschutzgesetz?

Als mündiger Bürger möchte ich selbst entscheiden, wo und wie ich mein sauer verdientes Geld anlege. Ich brauche hier keine Bevormundung durch die Bundesregierung. Ich möchte gar nicht davon anfangen, wie viel Geld ich bisher schon bei Banken und Versicherungen verloren habe.

Mir macht es Spaß Innovationen in Deutschland zu fördern, dazu beizutragen, dass Arbeitsplätze geschaffen und die deutsche Wirtschaft gestärkt wird. Dazu möchte ich durch Crowdinvesting meinen persönlichen Beitrag leisten. Sollte die Bundesregierung diesen Sektor totregulieren, werde ich gezwungen, mein Geld im Ausland zu investieren und dort die Wirtschaft zu fördern – das kann sicher nicht im Sinn meiner Bundesregierung sein.

Vielen Dank für das Interview!

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Autor
Redaktion
Datum
30. September 2014
Themen
Investieren, Startup
Bezahlter Beitrag Für diesen Beitrag hat crowdfunding.de keine Vergütung erhalten.
Geschäftsbeziehung Zwischen crowdfunding.de und den im Beitrag genannten Firmen besteht keine Geschäftsbeziehung.
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1 Kommentar

  • Ulrich Riemann

    Danke für dieses Interview von Investorseite. Wir planen erstmals für unsere Bionic Gruppe Crowdfunding einzusetzen. Da ist es hilfreich, auch mal die andere Seite zu hören.

    Ulrich Riemann
    Executive Bionic Group

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