crowdfunding.de: Lendico ist im Dezember 2013 gestartet. Wie lautet die Zwischenbilanz nach dem ersten Jahr? Läuft alles nach Plan?
Dr. Dominik Steinkühler: Wir haben in weniger als einem Jahr ein internationales Netzwerk an Kreditmarktplätzen in 6 Ländern über 2 Kontinente aufgebaut. Wir haben über 15.000 private Investoren gewonnen sowie mehrere institutionelle Partnerschaften geschlossen. In einigen wichtigen Bereichen haben wir bereits mehr erreicht als der US-Primus Lending Club in seinen ersten 3 Jahren. Das erste Jahr war somit für uns sehr positiv und bietet eine gute Basis für unsere weiteren Vorhaben.
Welche Vorteile hat Crowdlending, bzw. der „Kredit ohne Bank“ für Anleger und Kreditnehmer?
Beide haben mehr im Portemonnaie, weil keine Filialbank im Prozess kassieren muss, um mit den Gebühren einen explodierenden Kostenapparat zu finanzieren. Die Bank verliert bei uns ihre Rolle als zentraler Akteur. Lendico ist aus Nutzersicht eine Win-Win-Situation: Private Kreditnehmer profitieren von einem komfortablen online Prozess und günstigen Krediten. Private Anleger erhalten Zugang zu einer neuen Anlageklasse, die bisher Banken vorbehalten war, und sichern sich hohe Renditechancen, volle Kontrolle über ihr Portfolio und monatliche Rückzahlungen direkt auf das Konto.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen im Crowdlending? Fällt es schwer Kreditnehmer und Anleger von diesem neuen, bankenunabhängigen Modell zu überzeugen?
Viele Sparer in Deutschland wollen nicht mehr akzeptieren, dass sie zu oft ihr Geld bei akzeptablem Risiko nur zu verschwindend geringen Zinsen anlegen können. In dieser Situation überzeugt Lendico Sparer und Anleger mit der Historie der ersten 12 Monate – unsere deutschen Anleger erzielten durchschnittlich Habenszinsen von über 7 Prozent. In Spanien waren es sogar über 10 Prozent. Den spanischen Markt hat Lendico erst vor wenigen Wochen für deutschen Anleger geöffnet.
Allgemein sind hochwertige Kreditnehmer, die bevor sie auf den Kreditmarktplatz kommen umfassend verifiziert werden, etwas schwieriger zu erreichen. Uns ist es aber wichtiger unseren Anlegern 50 geprüfte Anlageprojekte zu bieten, als eine Blackbox von 300 willkürlichen Krediten. Sehr beliebt ist das Kreditangebot von Lendico zum Beispiel unter Selbständigen. Hier werden wir unser Angebot weiter ausbauen.
Beim klassischen Crowdfunding spielt die emotionale Beteiligung der Unterstützer an einem Projekt ja oftmals auch eine große Rolle. Wie sehen Sie das für Ihr Geschäftsmodell? Abgesehen von harten Faktoren wie Verzinsung, Laufzeit und dem Risikocluster: spielt es für die Anleger eine Rolle, ob man jemandem sein Geld für eine Fortbildung oder neues Auto leiht?
Das entscheidet letztlich jeder Anleger für sich selbst. Tatsächlich muss die Frage gestellt werden, ob Emotionalität Freund oder Feind des Anlegers ist. Die Beschreibungen sollten lediglich als ein weiterer Faktor zur Investmententscheidung dienen. Anleger sollten eventuell auf die Qualität der Texte achten oder auf die Plausibilität der Darstellung. Zu viel Emotionalität im Moment der Anlage kann im Kreditverlauf auch zu Enttäuschung führen. Allerdings ist dies eine Gefahr, für die eher Crowdfunding anfällig ist.
In welcher Größenordnung bewegen sich die meisten Kredite und für welche Zwecke werden die meisten Kredite benötigt?
Der Durchschnittskredit beträgt knapp 8.000 Euro. Rund 20 Prozent der Projekte auf Lendico.de sind höher als 10.000 Euro gewesen. Ähnlich wie bei Lending Club macht Umschuldung derzeit die größte Gruppe aus. Auf den Plätzen folgen die Anschaffung eines neuen Autos und Renovierungen rund ums Haus. Unterhaltungselektronik oder Urlaub liegen unterhalb eines Prozents der Anfragen. Die Nutzer von Lendico treffen eine wohl überlegte Entscheidung und tätigen keine Impulskäufe mit dem Geld.
Wie reagiert die Bankenwelt auf das Crowdlending? Wird es dort als ernsthafte Bedrohung für Ihr Geschäftsmodell wahrgenommen?
Für ein Drohszenario ist Crowdlending heute noch zu klein. 99% der Kredite werden immer noch von Banken vergeben, bei Unternehmensdarlehen sind es ziemlich genau 100%. Gleiches gilt für Immobilien. Wir werden größere Teile des Marktes erobern müssen, damit uns Banken als Bedrohung wahrnehmen.
Wie sehen Sie die Zukunft für P2P Kredite? Welchen Anteil können P2P Kredite bei den Privatkrediten erreichen?
Durch P2P wird die Kreditvergabe demokratisiert. Der Sturm auf die Banken, die Revolution hat erst gerade begonnen. Wie bei jeder Revolution sind es anfangs immer die Mutigen, die sich in die ersten Reihen stellen. Doch es ist historisch immer nur eine Frage der Zeit gewesen bis auch der trägere Mainstream die Vorteile erkannte und sich den demokratischen Ideen anschloss. Diese Entwicklung erwartet auch P2P-Kredite. Die angelsächsischen Gesellschaften sind uns in der Entwicklung voraus. In anderen Ländern eröffnet Lendico den Markt für Konsumentenkredite gerade erst wieder, so beispielsweise in Spanien, wo selbst gute Kreditnehmer derzeit von Banken kaum noch Kredite bekommen. Damit wird für Kreditnehmer und Investoren einen Mehrwert geschaffen.
Wie sehen die Lendico Pläne für die nächsten 12 Monate aus?
Wir werden Marktführer – das Amazon für Kredite. Seien Sie gespannt.
Vielen Dank für das Interview!
Kommentare
Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Infos zum Datenschutz.