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Ein Guide für Gründer

Interview mit Dana Melanie Schramm und Jakob Carstens zu ihrem Crowdfunding Buch für Startups

Dana Melanie Schramm Jakob Carstens
Was sollten Gründer beachten, wenn sie ihr Startup über Crowdfunding finanzieren wollen? Zu dieser Frage haben Dana Melanie Schramm (28) und Jakob Carstens (26) ein Buch geschrieben. Entsprechende Erfahrung konnten die beiden bei Seedmatch sammeln, der ersten deutschen Crowdfunding Plattform für Startups. Dana war dort in den Jahren 2013 und 2014 als Head of Corporate Communications tätig. Jakob arbeitete zwei Jahre als Head of Marketing bei Seedmatch. Mittlerweile sind beide in neuen Positionen tätig: Dana bei Cast Pharma und Jakob bei Zencap (Crowdlending-Plattform für Unternehmenskredite). Ihre Erfahrungen aus 2 Jahren Pionierarbeit bei Seedmatch findet sich in ihrem im Dezember 2014 erschienenen Buch „Startup-Crowdfunding und Crowdinvesting: Ein Guide für Gründer„. Im Interview mit crowdfunding.de geben die beiden Autoren Auskunft über Ihr Buch, die wichtigsten Learnings und Tipps für Gründer.
Von Redaktion am 07. Januar 2015

crowdfunding.de: Ihr beiden habt ein Buch über Crowdfunding für Startups geschrieben: Was können die Leser konkret von Eurem Buch erwarten?

Jakob: Das Buch ist ein Handbuch für Gründer von Startups, die sich fragen: Ist Equity-Crowdfunding – oder auch Crowdinvesting – das Richtige für mein Startup? Wie kann ich damit Kapital einsammeln? Worauf muss ich achten? Dabei legen wir Wert auf einen 360-Grad-Ansatz, das heißt, wir behandeln alle Themen von der Bewerbung über Businessplan bis hin zu Video oder PR-Kampagne. Gründer, die unser Buch gelesen haben, sollen am Ende erfolgreicher mit ihrer Crowdfunding-Kampagne sein. Das ist unser Ziel.

Was hat Euch motiviert dieses Buch zu schreiben?

Dana: Uns sind viele Gründer begegnet, die dankbar für Tipps waren, die für uns durch unsere tägliche Arbeit und die Erfahrung von mehr als 50 Crowdfunding-Kampagnen schon als selbstverständlich erschienen. Das hat uns inspiriert, ein Buch zu schreiben und unser Wissen weiterzugeben. Wir wollen dabei helfen, junge, innovative Ideen voranzubringen.

Ihr habt beide zwei Jahre Erfahrung bei Seedmatch gesammelt und somit die ersten Crowdfundings für Startups in Deutschland mit begleitet. Was sind Eure Haupt-Learnings aus dieser Zeit?

Jakob: Aus unserer Erfahrung wissen wir zwei Dinge: Crowdfunding ist sehr neu, weswegen es wenig Menschen mit Erfahrung in diesem Feld gibt. Dadurch werden oft immer die gleichen Fehler aufseiten der Startups gemacht. Und: Crowdfunding hängt vor allem von der Story ab, mit der man Investoren für sein Startup begeistert. Das ist übrigens nicht nur im Crowdinvesting so, sondern auch beim Reward-Crowdfunding wie bei Kickstarter. Deswegen nimmt dies einen großen Teil des Buches ein. Wie erzähle eine Geschichte über mein Geschäftsmodell, mein Team, meine Innovation? Was macht mich einzigartig? Wie transportiere ich sie richtig?

Dana: Storytelling ist enorm wichtig. Hinzu kommt, dass man gerade am Anfang einer Kampagne viel Aufmerksamkeit auf seine Idee lenken sollte. Der Crowdfundingstart und die ersten Tage sind enorm wichtig für den Verlauf des restlichen Fundings – ein wichtiges Learning ist, dass viele Investoren vor allem in den ersten Tagen das Funding verfolgen. Außerdem sehen wir immer wieder, wie eine proaktive Kommunikation mit den Investoren die Projekte voranbringt.

Gibt es bestimmte Startups für die sich Crowdfunding besonders eignet und andere für die Crowdfunding weniger geeignet ist?

Dana: Es ist nicht ganz leicht vorherzusagen, welche Geschäftsideen die “Crowd” begeistern. Besonders gut kommen greifbare Innovationen wie zum Beispiel der in Deutschland produzierte Mini-Server Protonet an, aber auch das Projekt erdbär, das Bio-Snacks für Kinder anbietet, fand schnell begeisterte Investoren. Was natürlich auch immer eine Rolle spielt, ist die Kommunkationsbereitschaft und die Erfahrung des Teams und was das Unternehmen bereits an Erfolgen vorweisen kann. Dass auch Startups aus dem B2B-Markt erfolgreich sein können, haben zum Beispiel LEDORA oder eben Protonet bewiesen.

Was sollten Startups unbedingt beachten, wenn sie sich über ein Crowdfunding finanzieren wollen? Was sind die häufigsten Fehler und typische Fallstricke?

Dana: Zunächst sollten natürlich alle Aussagen und Fakten zum Unternehmen der Realität entsprechen oder zumindest anhand von realen Annahmen geschätzt worden sein. Ein großer Fehler ist häufig auch, dass die Kommunikation mit den Investoren vernachlässigt wird: Wer während des Fundings eine starke Verbindung zu Interessenten und Investoren aufbaut, kann langfristig von den gewonnenen Multiplikatoren profitieren, zum Beispiel als Marketingbotschafter. Korrekte Rechtschreibung und Grammatik: Der absolute Standard, denkt man. Aus unserer Erfahrung können wir sagen: Auch hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Das Profil eines Startups ist das Investmentangebot nach außen, dies sollte perfekt sein. Neben den genannten Punkten sollten Startups auch daran denken, ihr eigenes Netzwerk für ihre Kampagne zu aktivieren.

Jakob: Viele Startups verwechseln zudem ihren eigenen Marketing-Pitch mit dem Auftritt im Crowdfunding, dabei sind die Zielgruppen häufig vollkommen unterschiedlich. Und dann fällt vielen häufig selbst gar nicht auf, was sie besonders macht. Dabei sind das die kleinen Details, die beim Investor im Kopf bleiben. Unser Buch soll genau diese Potenziale aufdecken. Anhand von Checklisten können Gründer selbst analysieren, wo ihre Stärken liegen und wo sie sich auch gegenüber anderen Startups abgrenzen können.

Rückblickend, welches war Euer persönliches Lieblings-Crowdfunding, vielleicht auch im Hinblick auf Best Practice fuer andere Startups.

Jakob: Es wäre einfach, noch einmal Protonet zu nennen, die ja einfach mal den Weltrekord im schnellsten Crowdfunding geknackt haben. Das war exzellentes Storytelling, das den Zahn der Zeit getroffen hat. Im Buch gehen wir aber auch auf vermeintlich “langweilige” Startups mit geringerem Innovationsgrad wie TOLLABOXoder Lottohelden ein, die mit viel Einsatz und klugen Aktionen ihr Funding über einen längeren Zeitraum befeuert haben und so am Ende ihre Wunschsummen einsammelten – und auch heute noch am Markt sind. Etliche Gründerteams dieser Fundings kommen übrigens auch mehrfach selbst im Buch zu Wort und teilen ihre Learnings.

Auf welche Vorbehalte stoßen Startups bei potenziellen Crowdinvestoren? Inwieweit gilt es, weiterhin Aufklärungsarbeit zu leisten und ggf. einen Mentalitätswechsel in der Gesellschaft zu erreichen?

Dana: Als Erstes natürlich die Tatsache, dass Startup-Investments grundsätzlich Kapitalanlagen der höchsten Risikoklasse sind. Entsprechend stehen dem hohen Renditepotenzial eines Startup-Investments hohe Risiken bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals gegenüber.

Des Weiteren ist es für ein Startup sehr unüblich – und meistens auch nicht das Ziel – in den ersten Jahren der Geschäftstätigkeit, Gewinne zu erzielen. Daher sollte auch beim Crowdfunding in Startups grundsätzlich nicht von Gewinnen innerhalb der ersten Jahre ausgegangen werden. Beteiligungsverträge für Startup-Investments sind daher bewusst langfristig ausgerichtet und erstrecken sich über mehrere Jahre.

Und dann ist da noch der Umgang mit “dem Scheitern” in Deutschland. Die Angst davor ist oft so groß, dass viele potenzielle Gründer es überhaupt nicht erst versuchen. Anders als beispielsweise in den USA, wo das Scheitern oft als Versuch abgetan wird und mit Mut in Verbindung gebracht wird, scheint es hier eine Katastrophe – aus der sich Gründer schwer für ihr nächstes Projekt erholen. Doch ohne Menschen, die etwas Neues wagen und bereit sind, dieses Risiko einzugehen, können auch keine neuen, innovativen Lösungen und Angebote ihren Weg in den Markt und die Gesellschaft finden.

Wie wird sich das Thema Crowdfunding Eurer Meinung nach weiterentwickeln?

Jakob: Eine kritische Frage, die nicht leicht zu beantworten ist. Wir sehen die letzten Entwicklungen aufseiten des Gesetzgebers, der mit dem Kleinanlegerschutzgesetz dem Startup-Crowdfunding gefühlt den Riegel vorschiebt, mit großer Sorge. Anlegerschutz ist wichtig, aber bei Risikoinvestments darf der Markt deswegen nicht zerstört werden. Darauf aber läuft es im Moment hinaus.

Die Plattformen haben bereits vor vielen Monaten mit ersten Maßnahmen begonnen, ihr Geschäftsmodell zu diversifizieren. Seedmatch hat mit Econeers eine Crowdfunding-Plattform für grüne Energieprojekte geschaffen. Hier muss sich langfristig zeigen, ob dafür eine Marktlücke besteht. Auch Companisto hat mit seinem Weissenhaus-Crowdinvesting seinen Startup-Fokus verwässert und fast 6 Mio. Euro Kapital eingesammelt.

In beiden Fällen wird das Crowdfunding-Prinzip auf althergebrachte Investmentklassen wie Immobilien oder Projektentwicklungen angewendet. Es bleibt abzuwarten, wie sich das im Zuge der Regulierung weiterentwickelt.

Vielen Dank für das Interview!

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Autor
Redaktion
Datum
07. Januar 2015
Themen
Buch, Finanzierung, Gründen, Startup
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