Crowdfunding folgt einer ähnlichen Logik, wie man sie auch vom E-Commerce oder von Online-Auktionen kennt. Zu diesem Ergebnis kommen wir in unserer aktuellen Studie, in der wir über 10‘000 Transaktionen von Usern auf der Schweizer Crowdfunding-Plattform 100-days.net analysiert haben. Uns hat dabei besonders interessiert, wie sich Menschen in Crowdfunding-Plattformen individuell verhalten und zu welchen kollektiven Ergebnissen dies führt.
Die soziale Bewertung von Projekten
Woher kommt die Analogie zu Online-Auktionen? Zum Projektstart sieht man nur die Informationen über das Projekt und die Initiatoren. Nach einigen Tagen Laufzeit kommt jedoch eine weitere Information hinzu, und zwar inwieweit das Projekt bereits von anderen Geldgebern unterstützt wird. Projekte, die anfangs wenig Unterstützung finden, haben aufgrund der schlechten sozialen Bewertung im weiteren Verlauf der Kampagne noch schlechtere Chancen auf weitere Unterstützung. Im Grunde orientieren sich Menschen in Situationen mit fehlenden oder nicht eindeutigen Informationen tendenziell einfach am Verhalten der anderen. Dieses Herdenverhalten kennt man auch von Online-Käufen oder bei Online-Auktionen. Käufer bieten eher auf Angebote, wo bereits andere geboten haben, und ignorieren eher die Angebote, für die noch kein Gebot abgegeben worden ist (auch wenn die möglicherweise sogar noch attraktiver sind).
Die wichtigsten Tage einer Kampagne
Das bedeutet, dass die ersten Tage einer Crowdfunding-Kampagne von grosser Bedeutung für den weiteren Verlauf sind. Das liegt nicht nur an den Zahlungen selbst, sondern vor allem an den sichtbaren positiven Informationen, die zu jedem Zeitpunkt auf der Projektseite in der Crowdfunding-Plattform einzusehen sind und sich auf den weiteren Kampagnenverlauf auswirken. Doch gerade in dieser wichtigen Phase unterscheidet sich das Verhalten der Geldgeber und das der Projektinitiatoren voneinander: Projektinitiatoren starten ihre Projekte eher selten an den ersten Tagen einer Woche, Geldgeber nehmen aber hier besonders häufig Zahlungen vor. Eine Anpassung des Starttags könnte daher Startvorteile für den frühen Entwicklungsverlauf von der Kampagne bringen.
Mit „Traffic“ und „Conversion“ zum Erfolg
Was den Gesamterfolg von Kampagnen angeht, so geht es im Wesentlichen um zwei wesentliche Voraussetzungen: Erstens muss hinreichend viel Online-Traffic auf die Projektseite der Crowdfunding-Plattform generiert werden. Dazu müssen Projektinitiatoren sicherstellen, dass sie zum Beginn ihrer Kampagne geeignete Massnahmen ausserhalb der Projektseite wohlkoordiniert ausführen, um eine hinreichende Anzahl relevanter Besucher auf ihre Projektseite in der Crowdfunding-Plattform zu führen. Zweitens müssen das Projekt und dessen Präsentation genau auf die Anforderungen der Zielgruppe(n) ausgerichtet sein, dass diese auf der Projektseite auch tatsächlich eine Zahlung vornehmen (Conversion Rate).
Gelingt beides bereits in der Frühphase einer Crowdfunding-Kampagne, wirken die ersten Erfolge auch als soziales Signal positiv auf die Kaufentscheidungen weiterer Interessenten. Für Projektinitiatoren heisst das: Nicht nur der Zeitpunkt, sondern auch der wohlgeplante und gut vorbereitete Start einer Kampagne ist sehr wesentlich, um eine Vielzahl an potenziellen Geldgebern in den ersten Tagen für das Projekt zu motivieren.
Neue Entwicklungen in der Crowdfunding-Forschung
Lange Zeit wurde Crowdfunding in der Forschung nur aus den Perspektiven der Gründungsfinanzierung und als Finanzdienstleistung betrachtet. Neue Entwicklungen gehen dagegen nun dazu über, Crowdfunding als spezielles Phänomen im Online Business zu untersuchen, das insbesondere Analogien zum E-Commerce aufweist. Wer Crowdfunding wirklich verstehen will, sollte daher nicht an eine Finanzdienstdienstleistung, sondern eher an so etwas wie ein eBay für Ideen denken.
Unter folgendem Link steht das Paper zur Verfügung: http://bit.ly/CrowdfundingNutzerverhalten
Weitere Informationen und Veröffentlichungen zum Thema Crowdfunding unter: www.digitalestrategien.ch
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