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Seedmatch Fundingindex 2018

„15 Prozent Rendite mit Startups-Crowdinvestments“

Fundingindex
Crowdinvesting – das nächste große Ding“, so titelte Die Zeit im Jahr 2013. Vier Jahre später hieß es dann beim Online-Magazin Gründerszene „Aus der Traum – Crowdinvesting in der Krise“. Jetzt hat die Plattform Seedmatch ein Studienergebnis mit der Überschrift „15 Prozent Rendite mit Startups-Crowdinvestments“ veröffentlicht.
Von Michel Harms am 06. Dezember 2018

Was ist los im Markt für Startup-Crowdinvesting? Resterampe für Pleitekandidaten oder Renditebringer in Niedrigzinszeiten? Eine kurze Einordung.

Marktentwicklung

Nachdem sich der Markt für Startup-Crowdinvesting in den Jahren 2011 bis 2013 rasant entwickelt hat, bewegt sich das jährliche Marktvolumen seitdem recht konstant bei 15 Millionen Euro. Das Nicht-Wachstum und eine Häufung von Startup-Pleiten im Jahr 2017 führten zu einer Welle negativer Medienberichte. In dem Artikel „Ist der Startup am Ende?“ haben wir damals unsere Sicht auf die Dinge dargelegt.

Entwicklung Volumen Startup Crowdinvesting 2011 2018

Seedmatch mit neuer Performance-Analyse

Jetzt, Ende 2018, hat Seedmatch eine neue Untersuchung veröffentlicht, die zu dem Ergebnis kommt, dass mit Crowdinvesting in Startups eine Rendite von 15 Prozent p. a. nach CAGR (Compound Annual Growth Rate) erreicht werden kann.

In den letzten Jahren gab es schon verschiedene Performance-Analysen zum Startup-Crowdinvesting:

  • Companisto brachte 2015 eine Performance-Analyse für die Projekte der eigenen Plattform heraus (zur Analyse)
  • Wir von crowdfunding.de veröffentlichten 2016 einen Erfolgs-Check für den gesamten deutschen Markt (zum Erfolgsmonitor 2016)
  • Prof. Dr. Oliver Wojahn untersuchte 2016, ob per Crowdinvesting finanzierte Startups eher ausfallen als VC-finanzierte Startups (zum Artikel)

Die neue Seedmatch-Studie basiert auf einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Dafür wurde die Entwicklung der zwischen 2011 und 2014 auf Seedmatchfinanzierten Startups untersucht, insgesamt 57 Unternehmen in 68 Finanzierungsrunden. Stichtag für die Renditeberechnung ist der 31. Dezember 2017.

Seedmatch-Geschäftsführer Johannes Ranscht erklärt zur Studie: „Crowdinvesting in junge Unternehmen stand schon häufig in der Kritik – insbesondere, wenn ein schwarmfinanziertes Startup Insolvenz anmelden musste. Da es häufig die negativen Beispiele sind, die in Erinnerung bleiben, wollten wir herausfinden, wie sich Crowdinvestments in Startups tatsächlich schlagen.”

Was uns bei der Seedmatch-Studie auffällt

Die Methodik der Untersuchung wird in dem 52 Seiten starken Report ausführlich erklärt. Es wird deutlich, dass die Studienautoren viel Wert daraufgelegt haben, die „15%-Rendite-Aussage“ auf ein möglichst belastbares Fundament zu stellen. Falls mehrere Möglichkeiten zur Bewertung und Berechnung einzelner Faktoren möglich waren, wurde oftmals ein konservativer Ansatz gewählt. Auch dass der Report auf einem wissenschaftlichen Forschungsprojekt aufgebaut wurde und eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die Ergebnisse untersucht hat, spricht für die Analyse.

Dennoch sind uns beim Lesen des Reports ein paar Punkte aufgefallen, die wir für die Einordnung der Ergebnisse und der „15%-Rendite-Aussage“ für nicht ganz unwichtig halten.

Realisierung der Renditen
Die Renditeberechnung basiert unter anderem auf den Leistungsdaten der finanzierten Startups zum Stichtag 31. Dezember 2017. Das heißt, dass in die Berechnung auch hypothetische Renditen eingeflossen sind. Inwieweit diese Renditen tatsächlich realisiert werden, hängt also von der weiteren Entwicklung der noch aktiven Startups ab und davon, ob diese, bei Kündigung der Investmentverträge, tatsächlich in der Lage sind, die Crowdinvestoren auszubezahlen.

Transparenz?
„Ohne Schönrechnerei, ergebnisoffen und transparent nachvollziehbar“, so sind die Studienautoren nach eigenen Angaben angetreten, um die Seedmatch-Renditen zu berechnen (S. 45). Während das Studiendesign nachvollziehbar erklärt wird, werden leider keine Details zu den verschiedenen Finanzierungsrunden veröffentlicht. Dies liegt vermutlich darin begründet, dass ein Teil der sehr erfolgreichen Startups keine Rendite-Details an die Öffentlichkeit geben will. Eine wirklich transparente Nachvollziehbarkeit auf Ebene der einzelnen Finanzierungsrunden ist so aber leider nicht gegeben.

Wachstum?
Auf Seite 24 heißt es „… deutlicher Anstieg an Investoren, Investments und eingeworbenem Kapital“. Hier müssen all die Leser aufpassen, die nur Überschriften lesen: Die Aussage aus dem Report aus dem Jahr 2018 bezieht sich auf den Zeitraum 2011 bis 2014 und nicht auf die gegenwärtige Entwicklung.

Gleichgewichtete Berechnung
Die Berechnung der Rendite beruht auf der Annahme, dass in jede Kampagne im Untersuchungszeitraum ein Investment in gleicher Höhe getätigt wurde. Ein solche Vorgehensweise kann man sicherlich gut begründen. Dennoch sollten sich Leser darüber im Klaren sein, dass der in der Studie zum Vergleich herangezogene DAX einer anderen Berechnungsgrundlage folgt (S. 3: „Der DAX schaffte es im selben Zeitraum auf 13,4 Prozent Rendite p. a.“). Beim DAX werden die Aktienkurse der ausgewählten börsennotierten Gesellschaften nach ihrer Marktkapitalisierung gewichtet.

Würde man bei der Berechnung der Startup-Renditen eine Gewichtung vornehmen, wieviel Crowd-Gelder jeweils in die verschiedenen Startups investiert wurden, würde sich vermutlich ein anderes Bild zeigen. Denn im Gesamtmarkt sind von den 92,3 Millionen Euro, die die Crowd bislang in deutsche Startups investiert hat, rund 25 Prozent ausgefallen oder stark ausfallgefährdet (Quelle: CROWDINVEST.DE Erfolgsmonitor, Stand 06.12.18). Es ist nicht davon auszugehen, dass diese „versenkten“ 22,7 Millionen Euro bislang durch erzielte Renditen überkompensiert wurden.

Resümee

Die Ergebnisse des Reports liefern – trotz der angesprochenen Kritikpunkte – ein beeindruckendes Gegengewicht zu dem Bild, das in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit zu Startup-Crowdinvestments vorherrschte. Denn nach der anfänglichen Euphorie über Funding-Rekorde dominierten in den letzten Jahren Negativschlagzeilen zu Startup-Pleiten und Abgesänge auf den Markt.

Die Entwicklung folgt damit gewissermaßen dem Hype-Cycle nach Gartner. Dieser stellt die Phasen der öffentlichen Aufmerksamkeit dar, die eine neue Technologie (hier: neues Finanzierungsprinzip) nach der Einführung durchläuft.

In diesem Zusammenhang stellen sich also die Fragen, in welcher Entwicklungsphase sich der Startup-Crowdinvesting-Markt aktuell befindet und welchen Einfluss die „15%-Rendite-Aussage“ auf die öffentliche Wahrnehmung haben wird.

Hype Cycle Crowdinvest Schlagzeilen

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Michel Harms

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Autor
Michel Harms
Datum
06. Dezember 2018
Themen
Investieren, Startup
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2 Kommentare

  • Herbert Schröder

    Hallo, diesen Report habe ich als Crowdinvestor auch erhalten und stehe der gesamten Auswertung mehr als kritisch gegenüber.
    Ist das ein Versprechen von Seedmatch! Wir erwirtschaften 15% Rendite p.a.!
    BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) sei wachsam und nimm die mal näher unter die Lupe und schaue dort genauer hin:
    Allein schon die Headline „Seedmatch Funistdingindex 2018“ mit der Jahresangabe 2018 soll darüber hinwegtäuschen, dass die Auswertung sich lediglich auf die Crowd-Anfängerjahre 2011 bis 2014 bezieht. Dabei ging der Hype bei den StartUp-Fundings erst ab 2015 so richtig los. Und genau diese Phase von 2015 bis heute unterliegt den negativen Beurteilungen der Investoren; unterlegt von zumeist negativen Presse- und Kommunikations-.Schlagzeilen.
    Das ging sowohl Seedmatch als auch Comanisto bis heute gewaltig unter die Haut. Und nun will man verlorenes Vertrauen durch eine solche Studie zurückerobern. Aber vor allem die gewaltig großen StartUp-Blasen, die in den letzten 2 Jahren geplatzt sind, machen den Missmut aus (Protonet: 4,0 Mio. in 2 Jahren versenkt; DENO: 1,0 Mio. in 9 Monaten versenkt; usw.). Und gerade dieses Ausfallvolumen ist in der Studie nicht enthalten. Fazit: Wenn von den 2 Big-StartUp-Plattformplayern „seedmatch“ u. „companisto“ nicht bald eine aktuell gehaltene Studie, die den kompletten Zeitraum bis heute umfasst, nachgeschoben wird, dann wird es schwierig, das verloren gegangene Terrain zurückzugewinnen. So überwiegen momentan vor Weihnachten nur die aktuell hoch gepriesenen EXIT-Erfolge als „Goodwill-Aktion“ (Krass-Fit, Erdbär).
    Die Verkaufspsychologie spielt im Crowdfunding eine große Rolle und davon machen Seedmatch und andere Plattformen heftig Gebrauch. Seedmatch stellt auf den gefundeten StartUp-Icons alle möglichen positiven Deklarationen besonders hervor: „zusätzliche Zinsausschüttung“ / „Erfolgreicher EXIT“ / „Erfolgreiche Anschlussfinanzierung“ / „Bonuszahlung“.
    Aber auf den StartUp Icons überall dort einen Blinker anzubringen, bei denen bis heute ein Insolvenzantrag gestellt und/oder eine Insolvenz eröffnet wurde, dass machen die Seedmatcher nicht. Ein Insolvenzverfahren kann sich bis zu 5 Jahren und mehr hinziehen, bis das Ergebnis als „gescheitert“ anzusehen wäre. Und überall dort, wo notwendig, einen Balken „Insolvenz“ anzubringen, würde ja ein total schlechtes Bild allein auf der Startseite ergeben. Also möglichst „alles hinter dem Kamm halten“ und vertuschen, um Neugierige und Neuinvestoren zu blenden.
    Mithin gilt das Motto: „Auge sei wachsam und lass Dich nicht von 15% Rendite täuschen u. veräppeln“. Wer 15% Rendite p.a. ermittelt und in dieser Art publik macht, der ist schon im Fokus des BaFin und damit unter Beobachtung der Finanzdienstleistungsaufsicht. Und jeder Anlageberater, der seinen Job als anständiger Handwerker gelernt hat, wird jedem Investor sofort abraten: 15% Rendite ist gefakt und eine Falle, aus der man nicht mehr herauskommt; es sei denn, es gibt die 0,0001%ige Wahrscheinlichkeit, dass man einen EXIT eines StartUps erlebt. Aber bei einer solchen minimalsten EXIT-Beteiligungschance und höchstwahrscheinlichsten Totalausfallrate, sollte stattdessen das wohlverdiente Geld zum Jahresausklang in den Lotto-Jahres-Jackpot eingesetzt werden, wo man ruhig zurückgelehnt zuschauen kann, welche Lottozahlen gezogen werden. Und ein Teil des Lotto-Einsatzes fließt immerhin in einen guten gemeinnützigen Zweck und verpufft nicht wie Luftblasen im StartUp-Fundingmarkt.
    Ich bin froh, dass es den Crowdfunding.de Newsletter gibt und die Geschehnisse des Crowdfundings so wunderbar aufbereitet und in verständlicher und zusammengefasster Form präsentiert werden.

    Antworten
  • Martin Ritzmann

    Danke für den klugen Kommentar. Es sind wahrlich Sprach- und Begriffsakrobaten, die diese Studie zusammengeschrieben haben.
    Startup-Finanzierung ist und bleibt ein High-Risk Ding, auch wenn es vom klassischen Venture Capital in die Crowd verlegt wird. Die Plattformen, die das betreiben, machen ihr Geschäft in der Regel gut, sie ermöglichen viel Startup-Bewegung. Das hat Lob verdient. Der Nachteil ist höchstens, dass sie sich mit Schönrednerei darzustellen versuchen, sie seien eigentlich gar keine Risiko, man könne 15% Rendite machen, wird suggeriert. Noch fehlt jede bessere Statistik, zum Teil verständlich, die Dinge sind neu. Richtig auskommen und langfristig wichtigere Statistiken werden sich erst ergeben, wenn einmal eine wirtschaftlich schwierige Zeit kommt. Da wird mehr «Wahrheit» zum Vorschein kommen.
    Ganz anders funktionieren die Crowds im Kreditbereich. Aber auch dort fehlt es noch oft an hieb- und stichfesten Statistiken mit richtigen Angaben zu Ausfällen.

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