Gegenüber einer Aktienanlage hat das Crowdinvesting einige Vorteile, jedoch auch einen nicht unwesentlichen Nachteil. Wer über Aktien verfügt, die an der Börse gehandelt werden, kann diese jederzeit in Geld umwandeln. Die Liquidierbarkeit einer Aktienanlage ist ideal. Beim Crowdinvesting ist der Anleger hingegen über mehrere Jahre an sein Investment gebunden. Zumeist erstreckt sich die Bindungsdauer über rd. 5 Jahre, manchmal aber auch über einen Zeitraum von bis zu 8 Jahren.
Welche Effekte ergeben sich daraus? Dazu ein anschauliches Beispiel: Meine Frau sagte mir vor einiger Zeit: „Wir müssen unser Badezimmer machen lassen und das wird ein paar tausend Euro kosten“. Unser Girokonto gab das gerade mal nicht her und ich war froh, hinreichend liquidierbare Anlagen zu haben. Wäre ich in der Zeit davor in noch mehr Crowdinvestings eingestiegen, dann wäre die Sache vorübergehend eng geworden. Keines meiner Crowdinvestings war und ist in der Nähe des Laufzeitendes, an dem im Erfolgsfalle Kasse gemacht werden könnte.
Inzwischen bessert sich die Lage allerdings. Es entsteht ein inoffizieller Zweitmarkt für Crowdinvesting-Erfolgsanteile! Wo? Erstens: Das Portal Bergfürst hat für die eigenen Projekte von Beginn an eine Handelsplattform eingerichtet. Der Haken: Bergfürst konnte erst ein einziges Projekt realisieren. Zweitens: Es existiert seit einiger Zeit eine Facebook-Gruppe, die sich Crowd-Investor nennt, in der sich aktuell 177 Mikroinvestoren befinden und sich rege über das Thema Crowdinvesting aus Anlegersicht austauschen. Gelegentlich werden dort Crowdinvesting-Anteile angeboten. Jedes Mitglied dieser Facebook-Gruppe kann Angebote oder Anfragen an die übrigen Mitglieder der Gruppe richten. Dies setzt allerdings eine Facebook-Mitgliedschaft sowie eine Anmeldung und Aufnahme in diese Gruppe voraus. Das ist für manche eine zu große Hürde. Immerhin: Eine gewisse – wenngleich sehr geringe – Handelsaktivität entstand an dieser Stelle. Drittens: Die Informationsplattform crowdstreet.de hat vor kurzem unter http://crowdstreet.de/sekundaermarkt/ einen Sekundärmarkt für Crowdfunding-Anteile eingerichtet, in dem sowohl Kaufgesuche (derzeit 13) als auch Verkaufsangebote (derzeit 15) vorzufinden sind. Die Möglichkeiten verbessern sich. Tatsächlich erhöht sich nun meine Bereitschaft, ein wenig mehr Geld in Crowdinvestings anzulegen, da ich Möglichkeiten eines vorzeitigen Ausstieges sehe. Durch die – im gewissen Rahmen vorhandene – Handelbarkeit von Crowdinvesting-Anteilen ist es auch Späteinsteigern möglich, noch in ihre Wunschprojekte hineinzukommen, deren Finanzierung schon abgeschlossen war.
Es fragt sich allerdings nun, auf welche Art und Weise die Übertragung der Erfolgsanteile vom Verkäufer auf den Käufer von statten geht. Crowdinvesting-Anteile sind von ihrer rechtlichen Stuktur her nicht immer dazu geeignet, auf andere Personen übertragen zu werden. Bei einer stille Beteiligung etwa besteht das Problem, dass es sich um eine Vereinbarung zwischen dem finanzierten Unternehmen und dem Investor handelt, also um einen Vertrag zwischen zwei Parteien. Ähnlich wie bei einem Mietvertrag lässt sich ein Vertragspartner nicht einfach austauschen. Die Mitwirkung des jeweils anderen Vertragspartners ist hier erforderlich.
Anders bei an der Börse gehandelten Aktien: Diese lassen sich ohne die Zustimmung des Unternehmens übertragen. Momentan laufen die meisten Crowdinvestings über sog. Partiarische Nachrangdarlehen. Wie ist deren Handelbarkeit einzustufen? Dazu werden wir nicht umhin kommen, einen Blick in die Beteiligungsverträge zu werfen und dort nach der konkreten Regelung dieses Falles zu suchen. Ein Beispiel dafür, wie eine solche Regelung aussehen kann: „Die Abtretung der Rechte aus dem Partiarischen Darlehen im Ganzen durch den Investor kann ohne Zustimmung des Startups erfolgen“. Oder so: „Der Investor darf seine Beteiligung im Ganzen an einen Dritten übertragen. Das Startup erteilt hiermit im Voraus seine Zustimmung zu einer Übertragung. Die Übertragung ist dem Startup unverzüglich schriftlich mitzuteilen.“ Wenn wir eine derartige Vertragspassage vorfinden, wissen wir, dass die Anteile bezogen auf den entsprechenden Fall handelbar sind. Man sieht allerdings, dass es Hürden gibt. Wir können nicht davon ausgehen, dass automatisch eine Handelbarkeit der Crowdinvesting-Anteile gegeben ist.
Übrigens: Nicht nur bei Partiarischen Darlehen sondern auch bei stillen Beteiligungen und Genussrechten lässt sich über die Verträge eine Handelbarkeit einrichten, indem ein geeigneter Passus aufgenommen wird. Sehr hilfreich für uns als Anleger ist es natürlich, wenn die Pattformen uns auf die Handelbarkeit der über sie vermittelten Investments hinweisen. Das erspart uns die Recherche, die zudem eine gewisse Sachkunde erfordert.
Titelfoto: unslpash/chrisliverani
1 Kommentar
Hallo,
bei Companisto wurde auf eine Frage eines Investors bezüglich des Weiterverkaufes geantwortet, dass es zwar möglich ist aber, dass Companisto nicht bei der Vermittlung helfen darf. Grund soll die fehlende Banklizenz sein. Wie dürfen die aufgeführten Seiten rechtlich gesehen bei der Vermittlung helfen, da ich es bezweifle, dass diese eine Banklizenz haben? Weiß jemand dazu etwas? Danke.