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Corporate Crowdfunding

Wenn Firmen wie IBM und Audi ihre Mitarbeiter-Crowd einbinden

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Von Corporate Crowdfunding spricht man, wenn Firmen das Crowd-Prinzip für interne Innovationsprozesse nutzen. Während IBM schon vor mehreren Jahren damit experimentierte, testet jetzt auch der deutsche Autobauer Audi ein internes Crowdfunding-System.
Von Michel Harms am 04. April 2019

Über Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter wurden schon vielzählige innovative Ideen finanziert und zum Leben erweckt. Der Gedanke, das Crowd-Prinzip auf firmeninterne Innovationsprozesse zu übertragen, scheint naheliegend. Beim Corporate Crowdfunding (auch Enterprise Crowdfunding genannt) gelten meist die bekannten Prinzipien. Mitarbeiter stellen ihre Projektideen mit einer festen Zielsumme und einer klaren Funding-Laufzeit auf einer digitalen Plattform vor. Die Kollegen können dann abteilungsübergreifend die Projekte unterstützen, die sie für sinnvoll erachten. Der große Unterschied zum öffentlichen Crowdfunding liegt darin, dass die Mitarbeiter kein privates Geld einsetzen, sondern ein ihnen von der Firma bzw. der Abteilung zur Verfügung gestelltes Budget nutzen.

IBM als Vorreiter

Das US-Unternehmen IBM experimentiert seit 2012 mit einem internen Crowdfunding-System. Die Umsetzung wurde wissenschaftlich begleitet. Michael Muller hat mit weiteren Forschern eine Studie dazu verfasst. Im Interview mit dem Havard Business Manager berichtete Muller von einer hohen Beteiligungsquote. So haben 45% der Mitarbeiter das ihnen zur Verfügung stehende Budget auf der Plattform eingesetzt. Der Forscher erklärt, dass es für die Mitarbeiter entscheidend war, bei der zur Auswahl stehenden Projekten einen gemeinsamen Nutzen zu sehen: “What matters to people is that they can see shared utility amongst themselves, or for clients, or for IBM, or for customers.”

Meilenstein im Wandel der Firmenkultur von Audi

Auch Audi testet neuerdings eine geschäftsübergreifende Crowdfunding-Plattform, auf der Ressourcen zwischen den Abteilungen gebündelt werden sollen. Der Autobauer bezeichnet die Einführung der neuen Methodik als „einen Meilenstein im Wandel der Unternehmenskultur“. In der Erprobungsphase des internen Tools können alle Mitarbeiter an den deutschen Standorten der AUDI AG, arbeitsbezogene Projektideen vorschlagen, mit Kollegen teilen, darüber online diskutieren und mitfinanzieren.

Frank Loydl, Leiter der Audi IT und Chief Information Officer (CIO), erklärt: „Audi Crowdfunding bringt kreative Mitarbeiter aus ganz unterschiedlichen Bereichen mit internen Investoren zusammen, um gemeinsam mutige Ideen umzusetzen. Mit dieser zukunftsweisenden Arbeitsmethode fördern wir die Eigeninitiative unserer Mitarbeiter und stärken gleichzeitig das Wir-Gefühl im Unternehmen“.

Was sind die Vorteile von internem Crowdfunding?

Die Gründer der Table of Visions GmbH gehören zu den deutschen Crowdfunding-Pionieren. Das Unternehmen bietet seit 2012 Software an, die für interne Crowdfinanzierungen genutzt werden kann. Die Berliner haben, neben Lösungen für die Sparkassen-Finanzgruppe und die Eisenmann SE, jetzt auch die bei Audi eingesetzte Plattform entwickelt. David P. Heberling, Co-Geschäftsführer bei Table of Visions, sieht in der Einbeziehung von Mitarbeitern in Innovationsprozesse positive Effekte auf die Innovationskraft eines Unternehmens und die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Er erklärt: „damit sich Unternehmen auch zukünftig erfolgreich am Markt positionieren können, müssen interne Potenziale stärker ausgeschöpft und genutzt werden”.

Der Audi Manager Frank Loydl verspricht sich von der neuen Plattform, dass gute Ideen die nötigen Ressourcen bekommen und die Zusammenarbeit schneller, transparenter und effektiver wird.

Was für Projekte werden finanziert?

Über die interne IBM-Plattform wurden laut Studienautor Michael Muller verschiedenste Projekte finanziert, wie zum Beispiel technische Lösungen zur Verbesserung der internen Zusammenarbeit oder Einrichtungsgegenständen für die Arbeitsumgebung.

Durch die Nutzung der Audi-Plattform sind nach Angaben des Unternehmens schon mehrere erfolgreiche Projekte entstanden. In einem genannten Beispiel haben rund 20 verschiedene Abteilungen aus unterschiedlichsten Bereichen Gelder für ein Konzept zur Kinderkommunikation beigesteuert. Mit Hilfe der internen Crowdfinanzierung wurde ein Agentur-Pitch durchgeführt und ein Style-Guide für die Identifikationsfigur „ADUI“ entwickelt. Bei einem anderen Projekt finanzierten mehrere Abteilungen die Entwicklung eines Chatbots, der online Fragen zu Ausbildung und Praktika bei Audi beantwortet.

Letztendlich entscheidet die Crowd den Erfolg Corporate Crowdfunding

In der aktuellen Zeit, in der sich viele Unternehmen bemühen agiler zu werden und eine „Startup-Kultur“ zu etablieren, scheint eine interne Crowdfunding-Lösung ein vielversprechender Ansatz. Da Crowdfunding mehr als ein reines Finanzierungsinstrument ist, kann eine solche Lösung für alle Unternehmensressorts relevant sein:

  • IT, da es sich um technische Plattform handelt
  • Marketing, da Kundenlösungen entwickelt werden können
  • Finanzen, da Budgets verteilt werden
  • Personal, da das Wir-Gefühl verbessert werden kann
  • Forschung & Entwicklung, da es um Innovationsprozesse geht

Es bleibt spannend zu sehen, inwieweit sich die Crowdfunding-Lösung bei Audi etablieren kann. Eine solche Plattform kann interne Interessengruppen auf neuen Wegen zusammenbringen, Transparenz schaffen, Prozesse neu sortieren und dem Einzelnen mehr Sichtbarkeit und Mitbestimmungsrecht einräumen. Crowdfunding ist ein Möglichmacher. Ob ein Crowdfunding-System wirklich erfolgreich ist, hängt dann auch davon ab, inwieweit eine offene Innovationskultur und die Möglichkeit zur Mitbestimmung tatsächlich gelebt und von der Unternehmensführung gefördert und zugelassen wird.

Letztendlich hängt der Erfolg von jedem Crowdfunding entscheidend vom Engagement der Crowd ab. Denn Plattformen werden erst durch die Ideen, den Einsatz und die Begeisterungskraft der beteiligten Menschen zum Leben erweckt.

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Michel Harms

Michel Harms

Herausgeber
crowdfunding.de
Michel Harms ist der Herausgeber von crowdfunding.de. Mit der Seite möchte er eine unabhängige Plattform bieten, die umfassend zum Thema informiert und den Crowdfunding Gedanken weiter trägt. Er glaubt an die potentialsentfaltende Wirkung von Crowdfunding und den positiven Einfluss auf die Gesellschaft und Wirtschaft.
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Autor
Michel Harms
Datum
04. April 2019
Themen
Corporate Crowdfunding, Innovation
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